IN DER NACHT, ALS DER TAG ANBRACH

Anfang der 80er Jahre reist Suzanne nach Brasilien. Ihre Reise führt sie in ein Kloster mitten in der Wüste, wo sie viele Begegnungen und Entdeckungen macht. Dort nehmen die Nonnen schwangere Frauen auf, um ihnen eine sichere und würdige Geburt zu ermöglichen. Suzanne bleibt einige Tage an ihrer Seite. Eines Nachts beobachtet sie eine Entbindung unter Ausschluss der Öffentlichkeit und kümmert sich um das Baby. Ihr wird klar, dass sie sich nicht von dem Kind trennen kann. Von dieser unerwarteten Begegnung überwältigt, beschließt Suzanne, sich dem Unbekannten zu stellen, und beginnt ein großes Abenteuer: Sie will das Kind adoptieren und mit ihm nach Frankreich zurückkehren. Diese von wahren Begebenheiten inspirierte Theaterodyssee entstand aus dem Wunsch des Regisseurs Olivier Letellier, sich mit dem Thema Engagement auseinanderzusetzen: Wie kommt es zu dieser notwendigen Bewegung, diesem Moment, in dem man beschließt, den Sprung zu wagen? Er macht die außergewöhnliche Tat einer gewöhnlichen Frau zum Kern eines "Labor"-Projekts rund um das Schreiben für ein junges Publikum. Daraus entstand 2016 eine Kreation, die Erzähltheater und Zirkus vermischt und von drei Autorinnen und Autoren, Sylvain Levey, Magali Mougel und Catherine Verlaguet, gemeinsam auf der Bühne geschrieben wurde. Auf der Bühne sind es drei Männer, die diese Geschichte von Mutterschaft und Liebe tragen, als wollten sie ihre Universalität bekräftigen. Abwechselnd oder im Chor, mal als Erzähler, mal als Figuren, die das Wort zwischen ihren Stimmen und Körpern zirkulieren lassen und mit dem konkreten körperlichen Einsatz und der poetischen Ladung eines Cyr-Rads spielen, sind sie die Erzähler eines rasanten und bewegenden Epos.

Olivier Letellier absolvierte seine Ausbildung an der École Internationale Jacques Lecoq, wo der Körper in Bewegung als erster Ausdrucksträger betrachtet wurde. Dann entdeckte er das Märchen durch die Personen, die seine Mentoren wurden: Gigi Bigot, Abbi Patrix und Pépito Matéo. Später bestätigte die Begegnung mit Christian Carrignon seine Vorliebe für den gewöhnlichen Gegenstand, der ein eigenständiges poetisches Element darstellt. Mit dem Körper, dem Erzähltheater und dem Objekt entwickelt er eine Sprache, die er immer wieder mit anderen Künsten kreuzt. Im Jahr 2000 gründete er die Theatergruppe Le Théâtre du Phare und entwickelt seitdem eine immer engere Beziehung zu Texten und lebenden Autorinnen und Autoren, wobei er das Schreiben auf der Bühne und das kollektive Experimentieren in den Mittelpunkt des Schaffensprozesses stellt. Er denkt gerne darüber nach, was "Aufwachsen" im Laufe des Lebens bedeutet und macht Stücke, die sich an die Kindheit eines jeden Menschen und insbesondere an unerfahrene Zuschauer richten. Im Jahr 2010 erhielt er den Molière du spectacle Jeune Public für das Stück Oh Boy! Adaption des Buches von Marie-Aude Murail durch Catherine Verlaguet. Im Jahr 2022 wurde Olivier Letellier Direktor der Tréteaux de FranceDas "Centre Dramatique National itinérant" (Nationales Wanderdramatisches Zentrum) hat ein Projekt, das sich ganz auf die Jugend, die Freude und den Körper konzentriert und von den zeitgenössischen Schriften des Erzähltheaters getragen wird. Diese "Fabrik des Teilens" durchstreift verschiedene Gebiete, um auf das Publikum zu treffen.

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